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ZDF-Landesstudio Sachsen
Das Lippertsche Haus in Dresden

Rückblick und Dank
Dr.-Ing. Gerhard Glaser, Sächsischer Hauptkonservator,
Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege.

>> über die Restaurierung

Noch zwei einzelne Personen wohnten im Sommer 1978 in diesem Haus. Wenn es geregnet hatte, konnte die Lichtpauserei Unger im Erdgeschoss nicht arbeiten, weil die Wände unter Strom standen. Dabei war diese Straße ab 1733 wahrhaft königlich angelegt worden.
Der Oberlandbaumeister und Architekt des Zwingers, Matthes Daniel Pöppelmann, hatte von August dem Starken, König von Polen und Kurfürst von Sachsen, persönlich den Auftrag erhalten, die durch Steuerbegünstigungen geförderten Bauwilligen zu beraten und ihnen die Fassadenrisse zu liefern. Bei allem städtebaulichen und künstlerischen Anspruch war man damals dennoch sparsam. Plastisch ausgebildet waren nur die Mittelachsen der Häuser, die übrige Architektur wurde illusionistisch gemalt.

In die Kulturgeschichte Dresdens eingegangen ist das Gebäude Königstraße 5a als das "Lippert'sche Haus". Philipp Daniel Lippert (1702 - 1785), Professor an der Kunstakademie Dresden und Aufseher der dortigen Antikensammlung, hatte es 1775 als Alterssitz erworben, einen Teil der Räume im ersten Obergeschoss neu ausstatten lassen und hier seine Daktyliothek, seine Sammlung geschnittener Steine der Antike in Abgüssen, angelegt. Der Geist des mit ihm befreundet gewesenen Johann Joachim Winkelmann, der im Haus Königstraße 10 gegenüber 1755 sein in Klassizismus vorbereitendes Buch "Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke" vollendet hatte, war noch allgegenwärtig.

Der Reisende, der heute nach Dresden kommt, sich beeindrucken lässt von seiner unvergleichbaren Silhouette am Fluss und sich an seinen Sammlungen der Kunst erfreut, ahnt kaum etwas von der bürgerlichen Baukultur der Renaissance und des Barock in dieser Stadt, die in ihrer Qualität der höfischen ebenbürtig war.

In der Nacht des 13. Februar 1945 wurde sie nahezu ausgelöscht, und man muß heute nach Bautzen oder Zittau fahren, um eine ungefähre Vorstellung von der einstigen inneren Gestalt Dresdens zu erhalten. Man kann versuchen, diese Vorstellung zu gewinnen, wenn man die Hauptstraße und die Königstraße sowie die Straßen zwischen ihnen in der Inneren Neustadt, der alten "Neuen Königstadt" durchwandert. Zu Inkunabeln gediehen zeugen die wenigen hier verbliebenen barocken Gebäude vom bürgerlichen Glanz des 18. Jahrhunderts. Der Glanz verblich im Jahrhundert darauf, aber es blieb ein Rest von Charme und die letzten Häuser sind doppelt kostbar.

Um sie vor schleichendem Verfall zu retten, wurde 1976 bis 1980 eine große Anstrengung unternommen, und plötzlich wurde angesichts der restaurierten Gebäude der Hauptsraße und an der Dreikönigskirche jedermann bewusst, welche Werte es hier zu bewahren galt.

In der Königstraße gelang dies nur mit den Häusern Nummer 10 und Nummer 12 gegenüber dem "Lippert’sche Haus". Verzweifelte Bemühungen, diese vor endgültigem Verfall zu retten, führten zu keinem direkten Erfolg. Die Bürgerinitiative Interessengemeinschaft Bau- und Denkmalpflege beim damaligen Kulturbund der DDR bewirkte 1978 immerhin, dass ihr Vorschlag zur Einordnung des Technischen Museums der Stadt in dieses Haus ernsthaft geprüft, das Gebäude aufgemessen und bautechnisch untersucht wurde, dadurch vor allem im öffentlichen Bewusstsein blieb.

Aber selbst die Bezirkshauptstadt Dresden musste angesichts der wirtschaftlichen Lage Abstand nehmen von der Einrichtung des Technischen Museums und suchte ihr Heil in einem scheinbar potenten Investor, dem "VEB Agro Consult Dresden", einem Beratungsunternehmen auf dem Gebiete der Landtechnik, tätig vor allem in der Dritten Welt. Er wurde am 01. Juli 1985 Rechtsträger des Hauses. Es wurde weiter geplant, zu einem Baubeginn kam es nicht.

Aber es kamen die großen politischen Veränderungen des Herbstes 1989, aus innerer Notwendigkeit gesellte sich der Zufall hinzu. Während einer Veranstaltung im Vorfeld der Landtagswahlen 1989 in der skurrilen Gaststätte "Linie 6" wurde ich mit dem ZDF-Korrespontenten für Sachsen bekannt gemacht, und dieser suchte ein Domizil für das Landesstudio des ZDF in Dresden. Unter mehreren Vorschlägen erwählte man das Haus Königstraße 5a.
Dies hatte ich insgeheim gehofft. Auf den dann gemeinsam gegangenen Weg blicke ich dankbar zurück. Das ZDF, seine Bauverwaltung, kam nicht mit Architekten, die ein Projekt aus der Tasche ziehen, vom Computer gefertigt, weit ab vom eigentlichen Ort der Tat, sondern wählte unter den Architekten und Ingenieuren in Dresden, die Erfahrung hatten im Umgang mit Gebautem, mit historischem Bau im Detail, die aber ihre ersten Schritte taten mit ihren neu gegründeten kleinen Büros. Auch das war eine kulturelle Tat des ZDF. So ist zu danken dem Architekten Jürgen Mehlhorn, der bereits als Student tief eindrang in das Wesen der Inneren Neustadt, und seinem Partner Andreas Weise vom Büro Weise und Treuer, die es gemeinsam mit dem Büro Fischer und Stübner vollbrachten, die funktionellen Ansprüche eines Fernseh-Landesstudios in dem barocken Hofhaus zu organisieren und gleichzeitig dessen ursprüngliche Wirkung wieder zu entfalten.

Dr. Roland Zepnik als verantwortliche Statiker hatte es nicht leicht angesichts sehr geringer Pfeilerquerschnitte im Laubengangbereich und der notwendigen Unterfahrungen im Kellergeschoss. Er sagte nie, es geht nicht und wurde immer dem Geist des Baus gerecht.

Am Bau waren vor allem Dresdner Firmen tätig. Stellvertretend sein genannt der Baubetrieb Hermann Ullrich Nachf., der den hölzernen Dachstuhl, der 1978 nur geringe Schäden zeigte, nun gänzlich neu erstellen musste. 1907 war dieser Betrieb gegründet worden. Zwischen den Weltkriegen maßgeblich an der Restaurierung des Zwingers beteiligt, hatten seine Maurer und Zimmerleute beim Wiederaufbau vieler bedeutender Denkmale im kulturhistorischen Zentrum gewirkt. 1972 wurde der Betrieb volkseigen und gab danach schrittweise seinen eigentlichen Geist auf. 1990 wurde er von den Enkeln wieder begründet, das "Lippert'sche Haus" war eine der ersten neuen großen Aufgaben. Stellvertretend genannt seien auch die ursprünglich aus dem Handwerk hervorgegangenen Restauratoren Hans Riedel und Peter Taubert, die - seit Jahrzehnten mit sächsischer Barockkultur vertraut - den Fassaden in illusionistischen Manier und alter Technik ihren ursprünglichen Charme zurückgaben.

Voraussetzung für das Tun der Architekten und der Handwerker war die restauratorische, die bau- und farbarchäologische Untersuchung des Hauses. Die akademischen Restauratoren Sven Taubert jr., solcher Aufgabe bereits in zweiter Generation dienend, und Eric Stenzel, beide hervorgegangen aus der Dresdner Hochschule für Bildende Künste, haben dies akribisch getan. Ihnen ist es zu danken, daß wir heute eine Anschauung erhalten vom Wandel dieses Hauses, von der Wohnkultur der 30er Jahre des 18. Jahrhunderts, dem Geschmack an der Schwelle des Klassizismus, wie ihn Prof. Lippert 1775 in den Haupträumen des 1. Obergeschosses vertrat, und von der dem Geist des Hauses verpflichteten Innenarchitektur der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts, wie ihn die vordere Diele des zweiten Obergeschosses zeigt.

Die meisten am Bau Beteiligten haben sich nicht von außen her einer allgemeinen Arbeitsaufgabe genähert, sie haben sich vielmehr aus ihrem eigenen kulturellen Bewusstsein heraus dieser Aufgabe gewidmet und dadurch eine Werkgemeinschaft gebildet, die den Bau ganz selbstverständlich gedeihen ließ.
Die Leitung des ZDF hat dieser Werkgemeinschaft vertraut und damit nicht nur der Stadt Dresden ein bedeutendes Kulturdenkmal in letzter Minute bewahrt, hat nicht nur in wirtschaftlich noch kritischer Situation sächsischen Firmen zu schönen Aufgaben verholfen, sie hat vor allem auf diese Weise Deutschland ein weiteres Stück zusammenwachsen lassen. Möge von diesem Haus der humanistische Geist, wie ihn Professor Lippert aus dem Studium der Antike im 18. Jahrhundert verbreitete, in neuer Weise über das Medium Fernsehen ausstrahlen, auf das auch in Zukunft gelten kann, was der Dresdner Chronist Johann Christian Hasche 1781 zu ihm schrieb: "Bey dem fünften wird kein Fremder, der Geschmack und Wissenschaft liebt, vorbeigehen, ohne einzusprechen".

 


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