Das Haus Nr. 24, auf dem Untermarkt an der Ecke zur Peterstraße gelegen, verkörpert in
seiner heutigen Gestalt einen Teil der wechselvollen Geschichte der Stadt Görlitz und seiner Bewohner.
Der Untermarkt war das Zentrum des alten Görlitz. Hier befand sich das Rathaus, der Sitz des Stadtrates und der
weitreichenden Görlitzer Gerichtsbarkeit. Die Häuser am Untermarkt gehörten reichen, meist adeligen
Patriziergeschlechtern, deren Handelsunter- nehmungen das Rückgrat für Reichtum und Macht der Stadt
bildeten.
Ratsapotheke in den 1960er Jahren
Die Erforschung der Baugeschichte des Häuserkomplexes Markt 24 / Peterstraße 1 konnte
unmittelbar vor der Hauptbauphase der anstehenden Gebäudesanierung im Frühjahr 2000 durchgeführt werden.
Somit war es den Autoren erlaubt, viele Fragen und Details vor Ort an Mauern, Putzen, Fassungen und Ausstattungsdetails
zu klären. Die Ergebnisse dieser Beschreibung sind des weiteren ein Resultat der Erkenntnisse aus
Bestandsplänen, historischen Stadtansichten, dendrochronologischen Proben, restaurato- rischen
Untersuchungsberichten, stil- und kunsthistorischen Vergleichen sowie einer intensiven Akten- und
Literaturrecherche.
Die meisten Fragen zur Entwicklung des historischen Gebäudes der Alten Ratsapotheke ließen sich so
klären, der historische Zusammenhang konnte weitge- hend hergestellt werden.
Einige wenige Detailaspekte müssen unbeantwortet bleiben; zu große Eingriffe in die Originalsubstanz von
Mauerwerk, Putzen und farbigen Fassungen wären dazu notwendig. Ein umfangreiches Geschichtsbild zu diesem
Gebäudes mit seinen belegbaren Eigentümern und Nutzern wurde erstellt. Es erhellt ein weiteres Feld der
spätmittelalterlichen Bau- und Sozialge- schichte der Stadt Görlitz. Während der Bauvorbereitung wurde das
vermauerte
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Hauptportal zum Untermarkt hin wieder geöffnet, nachdem es im 18. Jahrhundert vom Apotheker STRUVE, nach dem das Apothekengebäude zeitweise auch heute noch benannt wird, verschlossen bzw., zu einer
Fensteröffnung verkleinert worden war. Die Überraschung war dementsprechend groß, als die z.T. gut
erhaltene Farbgebung der plastischen Reliefs zutage trat. Sie verkörpern die zweitälteste Farbgestaltung des
Portals, die in ihrer Wirkung sehr farbenfroh und intensiv gewesen ist.
Das Konzept zur Konservierung und Restaurierung des Sandsteinportals sah eine Ergänzung der fehlenden plastischen
Architekturteile vor (Entwurf: Frank Heppert, Görlitz / Ausführung: Firma Herbig-Denkmalpflege Ostritz). Die erhalten gebliebenen histori- schen Farbfassungen wurden gereinigt, kon- serviert
und komplettie- rend retuschiert. Die neu eingebauten Sand- steinteile erfuhren ebenfalls eine Farbre- konstruktion, die sich
am historischen Vorbild orientierte.
Detail aus dem Portal
Die Sonnenuhr
"Als seltenes, wertvolles Zeugnis alter heimatlicher Kunst und Wissenschaft hat sich an einem der ältesten
Häuser des Untermarkts, der jetzigen Ratsapotheke, eine Sonnenuhr erhalten. Sie ist sehr reichhaltig und besteht
aus zwei Teilen, zu denen noch eine Inschrift und einige bildliche Beigaben gehören. Fast vier Jahrhunderte
hindurch hat sie bisher unserer Stadt die
Stunden angezeigt. Die Sonnenuhren waren einst die öffentlichen Normaluhren, später wurden
sie mehr und mehr von den mechanischen Uhren verdrängt, je vollkommener diese wurden. So gerieten die 'Solarien'
oder Sonnenuhren allmählich in Vergessenheit, und jetzt stehen die Beschauer ihren Linien und Zeichen
einigermaßen ratlos gegenüber ..."
(Dr. Walter Zimmermann: "Die Sonnenuhr an der Ratsapotheke in Görlitz", Mitteilungen des sächsischen
Heimatvereins, 1926)
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